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  • Bewertung

    Schales Biopic, im „preaching to the converted“-Stil

    Exklusiv für Uncut
    Das Genre Biopic an sich ist voll von Fallstricken. Die tradierte Erzählweise einer klassischen Heldenreise ist oft ganz nett anzusehen, aber genauso oft auch recht konventionell und wenig überraschend inszeniert, Stichwort von der Wiege bis zur Bahre. Die Versuche, andere Wege zu gehen und nur gewisse Episoden eines Lebens zu erzählen, führen manchmal zu interessanten, oft aber auch zu etwas anstrengenden Kopfgeburten.

    Regisseur Ali Abbasi hat sich nun noch einer zusätzliche Herausforderung gestellt: Einen Menschen zu porträtieren nämlich, der nicht nur noch am Leben ist, sondern auch gerade dabei, den US-Präsidentschaftswahlkampf zu bestreiten. Abbasi stellt dem Film einen Hinweis voran, der besagt, dass die Geschichte auf realen Begebenheiten beruht, aber auch dramatisiert-überspitzt wurde. Ein Hinweis, der wohl immunisierend wirken soll.

    „The Apprentice“ fängt vielversprechend und durchaus überzeugend an. Im typischen 70-Jahre Look gefilmt, inklusive grobkörnigen Kamerabildern, lernen wie einen gewissen, noch weitgehend unbekannten, Donald Trump (beflissen: Sebastian Stan) kennen, der seinerseits einen gewissen Roy Cohn (Jeremy Strong) kennenlernt. Cohn ist ein bereits etablierter, aber auch hoch kontroversieller Anwalt, der unter anderem für die Hinrichtung des Ehepaares Rosenberg wegen Spionage für die Sowjetunion verantwortlich ist. Cohn wird als knallhart und eiskalt, faszinierend diabolisch von Strong dargestellt; man kann sich seinem toxischem Charisma kaum entziehen. Der junge Trump dagegen ist zwar enorm machtaffin, aber noch recht unsicher, zuweilen fast bemitleidenswert ungeschickt. Er engagiert Cohn zuerst als Berater, im Laufe der Zeit entwickelt sich so etwas wie eine Vater-Sohn-Beziehung. Cohn legt einen Grundstein zu Trumps späterem Erfolg.

    Das Zauberlehrling- und Frankenstein-Motiv wird hier anfangs wie gesagt durchaus mitreißend inszeniert, wir erfahren auch näheres zu Trumps Familienstruktur, vor allem zu seinem kritischen Vater, an dessen Leistungsethos Trumps Bruder Fred zerbrochen sein dürfte. Doch nach einer Stunde ändert sich der Charakter des Filmes. Es sind einige Jahre vergangen, Trump ist nun reich und bekannt, Roy Cohn rückt in den Hintergrund. Als Zuseher bekommt man das Gefühl, dass es Abbasi von nun an vor allem um die Demontage Trumps geht, indem er Szene an Szene reiht, die Trump unvorteilhaft bis monströs beschreiben. Wir sehen ihn im Kampf gegen Übergewicht und Haarausfall, kalt bis brutal gegenüber seiner damaligen Frau Ivana (amüsant-selbstbewusst: Marija Bakalowa), ohne menschliche Wärme oder Empathie. Die Vielschichtigkeit, um die sich Abbasi im ersten Teil zumindest bemühte, ist hier vollkommen abhandengekommen, was im Übrigen gleichermaßen auch für die Darstellung von Roy Cohn gilt.

    Dieser Zugang ist nicht unproblematisch, da Abbasi ja vorgibt, ein Porträt von realen Personen zu gestalten und damit in gewisser Weise auch Politik zu machen. Sein Protagonist wird aber offensichtlich aus einem ganz bestimmten Blickwinkel mit einer gewissen Zielsetzung betrachtet, damit wird die Darstellung gleichermaßen reißerisch wie beliebig. Auch auf rein narrativer Ebene funktioniert der harte Bruch zwischen dem ersten und zweiten Teil des Filmes kaum. Als Zuseher fühlt man sich zunehmend indifferent ob der nun vorherrschenden Oberflächlichkeit und den fehlenden Erklärungen. Am Ende wird man eher ratlos mit der Frage zurückgelassen, welche tatsächlich neuen Erkenntnisse man über den Mensch Donald Trump nun wirklich gewonnen hat.

    Im Grunde bleibt der etwas fade Beigeschmack einer persönlichen Abrechnung des Regisseurs mit der öffentlichen Figur Donald Trump, von denen es ohnehin aktuell sehr viele gibt und denen Abbasi keine neuen Facetten oder Einsichten hinzuzufügen vermag.
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    (Heidi Siller)
    15.10.2024
    09:12 Uhr
    Autorin der monatlichen Kolumne „Heidi@Home“ rund ums Thema „Fernsehserien“.