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    Liebesleid und Liebeslust

    Ein amouröses Dreiecks-Konstrukt, das Francois Truffaut in eine wunderschöne Landschaft gebettet hat. In der heutigen Zeit scheint der zweite Teil des Titels allerdings einen ironischen Unterton bekommen zu haben.
    Claude (Jean-Pierre Léaud) trifft zwei Schwestern aus Wales: Muriel (Stacey Tendeter) und Ann (Kika Markham). Es beginnt ein munterer Reigen über Jahrzehnte rund um Claude: das Bäumchen Wechsel-Dich. Ann scheint fit für die Welt um 1900 zu sein Muriel ist eher kränklich, religiös, fast blind und irgendwie hilflos, immer einer Ohnmacht nahe. In beide verliebt sich Claude, abwechselnd. Beide zicken heftig rum und zögern das Unabwendbare soweit es geht hinaus. Sie lieben sich, trennen sich, treffen sich wieder etc. Sie schicken sich Tagebücher und Briefe. Alle Akteure geben sich tolerant und leiden trotzdem, leisten Verzicht und suchen doch eine Hinwendung des Geliebten. Claude und Ann wenden sich zwischenzeitlich anderen Partnern zu.
    Die jungfräuliche Muriel wird von Claude endlich defloriert. Truffaut setzt optisch eindeutige Signale. Sie wird einen anderen heiraten und sich schwanger fühlen (Ein Fake!). Die tatkräftige Ann wird sterben. Verlassen ergeht sich Claude am Ende im Park allein zwischen vielen Rodin Plastiken und stellt als finalem Joke fest ‘Man, sehe ich heute alt aus.‘ Der sexuelle Stau kann schon sonderbare Wege gehen…
    Truffaut meinte ‘Ich habe nicht versucht, einen Film über körperliche Liebe, sondern einen körperlichen Film über die Liebe zu machen.‘
    Ach lieber Francois, vielleicht hat ja einfach Ann recht, wenn sie sagt ‘Das Leben besteht aus Bruchstücken, die sich nicht zusammenfügen.‘ Selten gezeigt und irgendwie aus der Zeit gefallen.
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    15.10.2024
    14:01 Uhr