A Quiet Place: Tag eins

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Forumseintrag zu „A Quiet Place: Tag eins“ von MichaelGasch


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MichaelGasch (28.06.2024 21:21) Bewertung
Ein Schlag ins Gesicht des Postapokalypse-Kinos
Mein Urteil zum 2021 erschienenen „A Quiet Place 2“ war damals schon nicht gerade zimperlich: „Der Grundgedanke (immer dran denken), die Monster reagieren auf laute Geräusche, hat völlig ausgedient. Was macht man also, wenn sich Monster nähern? Richtig! - jede Menge Lärm, um sicherzustellen, dass das Drama am Laufen gehalten wird - und das ganze 90 Minuten lang!“. Meine Erwartungshaltung zum neuen Teil der Horrorreihe war dementsprechend niedrig: Noch schlimmer geht nicht. Mit verhaltenem Blick schicke ich in diesem Moment eine mentale Nachricht nach Hollywood: Respekt, ihr habt euch noch weiter unterboten.

Darum geht’s: Samira (Lupita Nyong’o) ist krebskrank und sieht ihrem Ende bereits entgegen. Eines Tages strömen Meteore vom Himmel, nicht viel später steht New York auf dem Kopf. Unzählige außerirdische Wesen ziehen durch die lärmerfüllten Straßen und hacken alles klein, was Geräusche fabriziert. Stunden später sind die Straßen mit Leichen gepflastert. Auf dem Weg ins Unbekannte stößt sie auf Eric (Joseph Quinn), der nicht minder verstört ist. Gemeinsam mit Samiras Katze machen sie sich auf den Weg, Hauptsache raus aus der in Trümmern liegenden Stadt.
Als die Menschen herausfinden, dass die Monster Wasser meiden, wird eine Rettungsaktion mit Booten gestartet. Endlich haben auch Samira und Eric ein Ziel. Doch dafür müssen sie an hunderten, wenn nicht gar tausenden dieser schrecklichen Kreaturen vorbei.

Vor ein paar Monaten ging es noch um die gesamte Welt – der Hollywood-Streik fand ein Ende. Unter anderem wurde beschlossen: Es wurden Regelungen getroffen, um den Einsatz von KI beim Schreiben von Drehbüchern zu begrenzen und sicherzustellen, dass die Arbeit der Autoren nicht durch KI ersetzt wird. Lasst uns daher gern einmal auf die Geschichte dieses Films schauen. Frau ist am Sterben. Plötzlich tauchen Aliens auf und töten alle. Frau trifft auf Mann. Beide wollen Pizza. Am Pizzaladen angekommen, liegt dieser in Trümmern. Frau weint, Mann auch. Mann und Frau wollen in Sicherheit auf ein Boot. Ob das gelingt, sei nicht verraten. Ende. Es scheint, als wäre bei den Beschlüssen in Richtung KI an irgendeiner Stelle etwas deutlich daneben gegangen.

Es mag auch am generellen Konzept dieses Films liegen. Was die Monster auszeichnet, ist dem Publikum schon lange bekannt. Wie man sie auslöschen kann, ebenso – siehe Part 2. Ein großes Überlegen, wie man die Monster ausschalten kann, würde die vorherigen Teile unterwandern, daher fällt dieser Ansatz also schon einmal komplett raus. Erneut mit akustischen Beschneidungen stellt sich die Frage: Gibt es hier überhaupt Potential für eine sehenswerte Vorgeschichte, in der trotzdem etwas Innovationskraft steckt?

In erster Linie ist genau das das Problem: „A Quiet Place: Tag eins“ stellt sich mit aller Wucht gegen Innovationskino, gegen Intensität, gegen Ergriffenheit, gegen Spannung, gegen Symbolik (schließlich bedeutet eine zerstörte Stadt nicht nur eine zerstörte Stadt, sondern eine ebenso intakte Gesellschaft), gegen eigentlich alles, was viele Postapokalypse-Perlen mühselig über Jahrzehnte aufgebaut haben. Dabei ist es doch nun wirklich nicht so schwer: Entweder man verpasst der dystopischen Narrative Bombast bis zum Anschlag (Mad Max: Furiosa), energetische Authentizität (Tag Null (1984) oder Children of Men), oder einen dramatisch-melancholischen Unterbau, wie es beispielsweise in dem Paradebeispiel „The Road“ der Fall ist. Part 3 der modernen „Horror“-Reihe, selbst hier mangelt es an horrorhaften Elementen, ist dagegen so ziellos, dass es schon fast den Eindruck erweckt, als hätte Regisseur und Drehbuchautor Michael Sarnoski (The Pig) in seinem gesamten Leben noch keinen einzigen Postapokalypsefilm gesehen.

Dass der Film mit einer Einblendung beginnt, erweckt noch am ehesten die Neugier: „In den Straßen von New York beträgt der durchschnittliche Lärmpegel 90 Dezibel. Das ist so laut wie ein Schrei“. Was passiert mit einer Stadt, wenn sie völlig verstummt – diese und verwandte Fragen drängen sich direkt auf, was dem Film einen Hauch von Nachdenklichkeit beschert. Hinzu kommt die Katze, die das Spiel verstanden hat: Mache nur einen Mucks und man ist tot. So kommt es, dass sich die fortlaufende Geschichte fast schon humoristisch präsentiert. Es ist weniger die Reise einer Frau mit ihrem Haustier, eher um die Geschichte einer Katze in Begleitung des Hausmenschen. Tier geht voraus, Mensch folgt. Tier ist leise, Mensch macht Lärm. Tier und Zuschauer schauen gleichermaßen genervt drein. Mit der Kombination aus frivolem Drehbuch und belangloser Inszenierung erinnert „A Quiet Place: Tag eins“ an das altbekannte Sprichwort …denn sie wissen nicht, was sie tun.
 
 

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